„… und ewig schleichen die Erben“

TheaterLoge Luckau bittet beim Krimidinner in Uebigau zur Testamentseröffnung

Else von Tannenberg ist tot. Und alle Hinterbliebenen und Bekannten haben nun ein Anrecht auf das Erbe ihres beträchtlichen Vermögens.

Else von Tannenberg ist ermordet worden. Beim Krimidinner im Uebigauer Schützensaal schachern auch die Besucher als Vereins-Erben um den Nachlass. Foto: Rico Meißner/rmr1

Else von Tannenberg ist ermordet worden. Beim Krimidinner im Uebigauer Schützensaal schachern auch die Besucher als Vereins-Erben um den Nachlass. Foto: Rico Meißner/rmr1

Grund genug, sich am Freitagabend im Saal der Uebigauer Schützengilde zusammenzufinden, um bei einem etwa dreistündigen Abendessen festzustellen, wer das Geld am meisten verdient hat.

Ein Tod hinter verschlossener Tür. Zu sehen als Silhouette, gefolgt von einer Stimme aus dem Hintergrund. „Was davor geschah…“ . So beginnt das Krimi-dinner in Uebigau am Freitag. Mehr als 60 Zuschauer hatten im Rahmen der LiteraTour im Elbe-Elster-Kreis die Einladung der TheaterLoge Luckau zur Testamentseröffnung von Frau Tannenberg angenommen. Und sie hatten mehr zu tun, als nur zu essen und zu beobachten. Die Laientheatergruppe bindet ihre Zuschauer aktiv in das Geschehen mit ein.

Kreative Zuschauer

„Man könnte es als Erlebnisgastronomie bezeichnen“, meint Gabriele Schönig, künstlerische Leiterin der seit 2006 bestehenden Theatertruppe. „Die Leute reagieren unterschiedlich. Wer möchte, macht mit oder eben auch nicht. Aber meistens sind sie kaum zu bremsen. Es ist großartig, wie kreativ die Zuschauer sich im allgemeinen beteiligen.“

Die TheaterLoge ist ausgebucht. Seit ihrem Beginn ist die Resonanz stetig gewachsen. Besonders das Krimidinner erfreut sich ausgesprochener Beliebtheit. Die insgesamt 45 Mitglieder, unterteilt in drei Spielgruppen, schreiben ihre Stücke selbst. „Wir müssen viel proben und sind auch viel unterwegs,“ so Schönig. „Aber es macht auch unheimlich Spaß, einen Charakter zu finden, den man verkörpern möchte und den Zuschauern dann überzeugend vermittelt.“ Dabei haben alle Schauspieler das Mitspracherecht, erfinden ihre Figuren quasi selber.

Am Freitag fehlt dann zur Testamentseröffnung noch vor dem Buffet leider die Testamentsvollstreckerin. Sie wurde inzwischen umgebracht, nur weiß noch niemand, wer der Mörder ist. Und so „schleichen die Erben“ weiter um das Vermögen. Die Zuschauer, unterteilt in Vereine, die der Verblichenen nahestanden, entwickeln dabei durchaus witzige Vorschläge. So wirbt der Verein der „Freien Dichter“ mit der Marktlücke für gereimte Rezepte. Um gleich noch ein spontan gereimtes Pizzarezept nachzulegen. Der „Rosenzüchterverein“ wirbt um den Ankauf von französischen Marienkäfern, um der Blattlausplage Herr zu werden und der „Taubenzüchterverein“ möchte Lerchen zu Brieftauben ausbilden, nachdem der Hanfanbau im Keller zu wenig Ertrag abwirft. Andere planen eine Wohngemeinschaft für „abgehalfterte Schauspieler“.

Interessant und lustig

Auch die Theatertruppe tut ihr Möglichstes, um den Humor auf der Bühne nicht zu kurz kommen zu lassen. Das äußert sich vor allen in Dialogwitzen, die nicht unbedingt politisch korrekt und manchmal auch schwarzhumorig sind. Etwa, wenn ein Blinder, nachdem er gestolpert ist, auf die Frage „Alter, bist du blind?“ leicht schmunzelnd antwortet: „Ja, aber noch nicht lange. Hab mich noch nicht dran gewöhnt.“ Für seine durchaus unfreundliche Betreuerin erhält er aus dem Publikum den Hinweis „Such dir bloß ´ne Neue“. Ob lesbische Beziehung, englischer Butler oder alternative Ökoaktivistin – die Bandbreite der Charaktere ist vielschichtig und bunt durchein-ander gemischt, satirisch überzeichnet und immer mit einem Augenzwinkern serviert.

Bei der Mehrheit der Zuschauer kommt die Vorstellung sehr gut an. Auch bei Birgit Beyer und Manuela Richter: „Die Atmosphäre stimmt, es ist interessant und lustig. Die Einbindung der Gäste macht es unterhaltsam.“

Für die schleichenden Erben war es der letzte Auftritt. Die Gruppe arbeitet an einem neuen Programm, lässt sich aber kein Wort über den Inhalt abluchsen. Aber wahrscheinlich wird die Premiere im November in Uebigau stattfinden. Das ist in etwa so sicher, wie die Tatsache, dass Else von Tannenberg von den Toten wieder auferstanden ist.


 

Quelle: lr-online