Masoda und Soraia spielen sich selbst

Neues Stück der Luckauer Theaterloge zum Thema Flucht punktet mit Lebensnähe

 Groß war der Applaus für das Jugend-Ensemble der Theaterloge. Ganz besonders aber freute sich Theaterleiterin Gabi Schönig für die afghanischen Mitspieler Masoda und Soraia Ibrahimi sowie Wahid Saba (vorn, v.l.) über den Erfolg des gemeinsamen Theaterprojektes. Foto: be


Groß war der Applaus für das Jugend-Ensemble der Theaterloge. Ganz besonders aber freute sich Theaterleiterin Gabi Schönig für die afghanischen Mitspieler Masoda und Soraia Ibrahimi sowie Wahid Saba (vorn, v.l.) über den Erfolg des gemeinsamen Theaterprojektes.
Foto: be

Mit ihrem Stück „Willkommen in Brandenburg“ hat die Luckauer Theaterloge am Mittwochabend in der Kulturkirche das Publikum begeistert. Nachdenklich, aber auch heiter, zeigt es Facetten der Flüchtlingspolitik. Deutsche und afghanische Jugendliche stehen gemeinsam auf der Bühne.

Im randvollen Saal sitzen neben Stammbesuchern viele Migranten und Menschen, die wie der Zagelsdorfer Gerd Schubert „sonst keine Theatergänger, aber am Thema interessiert“ sind. In der zweiten Reihe erwarten Meshid und Abiba Ibrahimi aufgeregt den Auftritt ihrer Töchter. Masoda und Soraia stehen mit der Jugendgruppe Chaos Connection der Theaterloge auf der Bühne. Die dramatische Fluchtgeschichte der afghanischen Familie, die jetzt in Zützen lebt, ist Teil des Stücks.

Über die Flüchtlingspolitik wird heiß debattiert. Die Theaterloge zeigt Vorurteile und Ängste, aber auch Chancen der Willkommenskultur ohne erhobenen Zeigefinger. Wohl jeder im Saal wird in den nachdenklichen und auch heiteren Szenen etwas von sich wiedererkennen.

Dafür hatten sich die Theaterleute in Luckau umgehört, mit Jugendlichen geredet, dem Volk „aufs Maul“ und Amtsschimmeln auf die Sprechblasen geschaut.

In der Rahmenhandlung planen Studenten der Politikwissenschaft (Gina-Lara Meier und Paul Wagner) eine Filmdokumentation, die das Thema Flucht auf verschiedenen Ebenen beleuchtet. „Ich hatte Gänsehaut“ wird Luckaus Bürgermeister Gerald Lehmann (parteilos) später über die Szene sagen, in der die Flucht von Familie Ibrahimi vor dem Taliban-Terror über Pakistan, den Iran, die Türkei und Griechenland an einer Karte dargestellt wird, begleitet vom pantomimischen Spiel der Akteure. Förmlich zu greifen ist die Todesangst, als nachts auf dem Meer der Motor des kleinen Bootes ausfällt. Volles Kontrastprogramm ist bayrische Blasmusik zum Empfang in Passau. Dann kommt der Alltag und die erste Schulstunde in der neuen Klasse. Erlebbar wird, wie es sich für Masoda und Soraia anfühlen muss, kein Wort zu verstehen. Der Lehrer (Wahid Saba) dreht den Spieß um, unterrichtet auf Farsi, der Muttersprache der Flüchtlingsmädchen.

Tratsch auf dem Wochenmarkt über die Fremden, die sich dann doch als ganz nett erweisen, Bürgerversammlung („300 Flüchtlinge auf 300 Bewohner, bestimmt wurden schon mindestens 200 Fahrräder geklaut“), Pegida-Demonstration und Willkommensbündnis: Die ganze Bandbreite wird sichtbar, angefangen bei denen, „für die Lübben bereits Ausland ist“ bis zu den Ehrenamtlern, die nach der Devise „die helfende Hand befindet sich am Ende des eigenen Armes“ Enormes leisten, manchmal überfordert sind und dennoch weitermachen.

Das Stück zeigt Möglichkeiten, aufeinander zuzugehen, so bei einem Willkommensfest, „das wir schon in unserem Text hatten, bevor wir wussten, dass es in Luckau eins geben wird“, so Gabi Schönig. „Sing a song“ fordern laden Akteure zum Abschluss ein, der Saal singt und klatscht mit.

„Hinreißend, aus dem Leben gegriffen“, bewertet Stadtverordneter und Kulturausschuss-Vorsitzender Lothar Treder-Schmidt (Luckau-Land/Grüne) den Abend. Er habe die Augen geöffnet, mit Biss und mit Humor. Dahme-Sprewalds Sozialdezernent Carsten Saß (CDU) sagt: „Das ist Luckau, man spürt die Energie dieser Stadt.“

Meshid und Abiba Ibrahimi nehmen ihre Mädchen glücklich in den Arm. Es sei schwierig gewesen, die dramatischen Erinnerungen noch einmal nachzuerleben, sagt der Vater. Doch er freue sich, wenn seine Töchter helfen können, „Verstand und Herz der Menschen anzusprechen“. Masoda und Soraia wollen weiter beim Theater mitmachen. In welchen Rollen sei egal, sagt Masoda. Sie wolle immer besser Deutsch lernen. „Mit den Freunden vom Theater macht das großen Spaß“, so die 15-Jährige.


 

Quelle: lr-online